Die Tagung, die von Prof. Dr. Daniela Wawra und Prof. Dr. Lucia Krämer von der Passauer Anglistik organisiert wurde, bot spannende Einblicke in die kulturspezifischen Unterschiede und übergreifenden Gemeinsamkeiten der Darstellung der akademischen Welt in verschiedenen Kulturen – und auch in deren Bezug zur Realität.
Ein besonderer Schwerpunkt lag auf US-amerikanischen und indischen Produktionen, aber auch europäische und chinesische Filme und Serien wurden eingehend analysiert. Die Vorträge und Diskussionen machten deutlich, dass die akademische Welt auf der Leinwand weniger durch intellektuelle Arbeit und Lernprozesse geprägt ist – stattdessen stehen häufig persönliche Entwicklungen, soziale Dynamiken und zwischenmenschliche Konflikte im Vordergrund. Wenn Wissen und Erkenntnisfortschritte eine Rolle spielen, dann oft, um existentielle Bedrohungen abzuwenden, Kriminalfälle zu lösen oder komplexe Rätsel zu entschlüsseln. „Das liegt natürlich auch daran, dass Mainstream-Filme in erster Linie unterhalten wollen – konzentrierte Forschungsarbeit in Archiven oder lange Lernsitzungen in Bibliotheken bieten dafür in der Regel kaum dramatisches Potenzial“, kommentiert Professorin Wawra. Wenn in filmischen Produktionen Lernen und Forschen gezeigt werden, dann regelmäßig außerhalb von Büros und Seminarräumen – zum Beispiel in exotischen oder actiongeladenen Settings. „Statt wissenschaftlicher Diskussionen im Hörsaal sehen wir die Figuren dann etwa auf abenteuerlichen Expeditionen in unerforschten Gegenden. Dies verleiht den Szenen mehr Spannung und Dramatik – auch wenn sie mit der Realität des akademischen Alltags wenig zu tun haben“, so Wawra weiter. Doch im übertragenen Sinne lassen sich durchaus Parallelen zur Realität erkennen: Wie in einem Mystery-Thriller geht es auch in der Wissenschaft darum, Informationen und Puzzleteile zusammenzufügen und kreative Verbindungen herzustellen, um gelegentlich den inspirierenden Moment der Entdeckung zu erleben.
In Hollywood wie im zeitgenössischen indischen Film wird die Universität zudem häufig als Ort für ausgelassene Partys, wilde Exzesse sowie als Bühne für Liebesbeziehungen und die Suche nach der perfekten Partnerschaft inszeniert. So wurde auf der Konferenz auch aus interkultureller Perspektive diskutiert, auf welche Weise gesellschaftliche Themen wie soziale Herkunft, Rasse bzw. Ethnie, Geschlechterrollen und Machtstrukturen in den Produktionen reflektiert werden. Prof. Dr. Lucia Krämer: „Obwohl die Filmproduktionen, die bei der Tagung besprochen wurden, aus ganz unterschiedlichen Ländern stammen, gab es klare gemeinsame Trends in ihrem Umgang mit politischen Themen. Mainstream-Produktionen neigen zum Beispiel dazu, Kritik am Bildungssystem zugunsten der Betonung auf individuelle Verantwortung zu vernachlässigen und so dominante Diskurse zu bestätigen. Viele Produktionen spiegeln außerdem häufig durchaus kritisch den Druck wider, den neoliberale Prinzipien und nationale Regierungen mehr oder weniger direkt auf Universitäten ausüben.“
Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt war die Rolle der Universität in der Gesellschaft. Filme und Serien prägen die gesellschaftliche Wahrnehmung der akademischen Welt mit. Sie können reale Entwicklungen kritisch begleiten und das Verständnis für die Bedeutung von Bildung, Forschung und Wissenschaft nachhaltig stärken. Am Ende der Tagung wurde ein eindringliches Plädoyer für die zentrale Bedeutung der Universität als Ort des freien Denkens und offenen Diskurses zur Förderung kritischer Reflexion und Urteilsfähigkeit gehalten – gerade in einer Zeit, in der Demokratien weltweit unter Druck stehen.