Abgeschlossene Projekte
Phonotaktik der Dialekte in Deutschland
(DFG-Projekt WE5957/2-12020-2023; zus. mit Alfred Lameli, Philipps-Universität Marburg; Zeitraum: 2020–2023)
Das Projekt zielt auf die erstmalige systematische Beschreibung und Analyse von phonotaktischen Strukturen in bundesdeutschen Dialekten ab. Damit soll in zwei wesentliche Forschungslücken vorgestoßen werden, die wir zu Projektbeginn in den Bereichen a) der Kombinatorik von Lauten und der Typizität von Lautgruppen sowie b) der prosodischen Strukturierung von phonologischen Einheiten und der Regelgebundenheit phonotaktischer Muster lokalisiert haben. Für das Projekt vorgesehen war ein streng datengeleitetes und empirisches Vorgehen. Hierzu wurde die PhonD2-Datenbank aufgebaut. Sie besteht aus zirka 230.000 phonologisch und morphologisch annotierten Dialektwörtern aus dem gesamten Bundesgebiet und ermöglicht eine umfassende sprachstatistische Beschreibung der Dialekte im Kontrast zueinander und im Kontrast zu standardnahen Varietäten. Zudem können durch gezielte Abfragen auf Wort-, Silben- und Lautebene bestehende phonotaktische Modelle (z. B. zu Silbengesetzen, Sonoritätsabfolgen und CV-Strukturen) am Datenmaterial erprobt werden, um Aufschlüsse über die Ordnungsprinzipien dialektaler Phonotaktik und deren regionale Verschiedenheit zu gewinnen. Die Datenbank und alle im Projekt annotierten Daten sind über eine Projekthomepage öffentlich und nachhaltig zugänglich und stehen der wissenschaftlichen Community für eigene Analysen vollumfänglich zur Verfügung.
Auf Grundlage der PhonD2-Datenbank wurden im Projekt verschiedene Abfragen und phonotaktische Analysen durchgeführt. Zentraler Ertrag dieser Abfragen ist ein digitaler phonotaktischer Sprachatlas der deutschen Dialekte mit 311 Wortkarten zu unterschiedlichen Phänomenbereichen. Diese geben mit Hilfe von CV-Strukturen erstmals einen umfassenden Einblick in die dialektale Verschiedenheit phonotaktischer Wortstrukturen, z. B. im Hinblick auf die Konsonantenclusterung in ein- und mehrsilbigen Wörtern und den (lexikalisch bedingten) Schwa-Erhalt bei trochäischen Wörtern. Hinzu kommen die Veröffentlichungen und Qualifikationsarbeiten des Projekts. Diese konzentrieren sich auf sprachstatistische Untersuchungen zur dialektalen Lautkombinatorik und ermitteln zudem die phonologischen und morphologischen Ordnungsprinzipien der dialektalen Phonotaktik. So lassen sich bspw. Tendenzen zur Konsonantenhäufung und zur sonoritätsbezogenen Clusterordnung im oberdeutschen Raum aufzeigen. Über alle Silbentypen hinweg konnte eine regionale Präferenz für bestimmte Vokaltypen nachgewiesen werden, etwa im Hinblick auf die Verteilung von Monophthongen und Diphthongen. Schließlich weisen unsere Auswertungen zur Morphonotaktik eine morphemgesteuerte phonotaktische Clusterung für die Dialekte aus, indem bestimmte Wortarten (regionenbezogen) zu einer charakteristischen Musterbildung tendieren. Auch zeigen sich im Bereich der substantivischen Derivationsbildung Zusammenhänge zwischen Wortbildung und Phonotaktik, die sich über den phonologischen Wortstatus von Affixen erklären lassen.
Schriftspracherwerb regelbasiert unterrichten
(BMBF-Projekt; zus, mit Karoline Hillesheim, Universität Augsburg; Zeitraum: 2021-2023)
Lesen- und Schreibenlernen sind keine nur sensuellen, sondern primär kognitive Leistungen, basierend auf einem lernbaren Regelwissen über den Aufbau von Silben, Wörtern und Sätzen. Adaptiver Rechtschreibunterricht zielt darauf ab, dass Kinder auf der Grundlage ihrer Vorkenntnisse unser regelbasiertes Schriftsprachsystem erforschen, begreifen, anwenden können und letztlich verinnerlichen.
Das Lehrprojekt soll diese Regeln verdeutlichen und Studierenden dazu verhelfen, Lern- und Entwicklungsstände im Bereich des Schriftspracherwerbs zu erfassen. Aus individuellen Diagnosen sollen jeweils konkrete Maßnahmen zur Förderung der Kinder abgeleitet werden. Hierzu werden Lehrveranstaltungen entwickelt, die umfangreiche Kenntnisse zum Schriftspracherwerb und zur Graphematik des Deutschen vermitteln sollen.
Internationaler Double-Degree-Studiengang für Germanistik an der Südböhmischen Universität Budweis und der Universität Passau
(EU-Projekt, Zeitraum: 2020–2022)
Das Projekt beinhaltet die Entwicklung eines vollständigen Doppelabschlussprogramms des Passauer Studiengangs BA „Sprach- und Textwissenschaften (SuT) mit dem Studiengang BA „Germanistik“ an der Südböhmischen Universität Budweis.
Sprachsituation an der innerdeutschen Grenze
(KonsortSWD-Projekt; zus. mit Nicole Palliwoda und Thomas Schmidt; Zeitraum: 2021–2022)
Das Forschungsdatenmanagement-Projekt hat zum Ziel, Daten aus zwei Projekten zur Sprachsituation an der innerdeutschen Grenze für die Sekundärnutzung zu erschließen und bereitzustellen. Zusammengenommen handelt es sich um den größten Datenbestand zu dieser Thematik. Dieser war der wissenschaftlichen Community bislang nicht zugänglich und soll gemäß den FAIR-Prinzipien für eine Nachnutzung aufbereitet werden. Alle Sprachdaten und dazugehörige Materialien und Metadaten sollen vom FDZ Archiv für Gesprochenes Deutsch (AGD), u. a. über die Datenbank für Gesprochenes Deutsch (DGD), für eine Nachnutzung in digitaler und anonymisierter Form zur Verfügung gestellt werden. Die besondere Attraktivität des Korpus liegt dabei zum einen in der sehr großen Orts- bzw. Gewährspersonendichte, sie betrifft zum anderen aber auch die Datenpluralität, indem von jeder Gewährsperson (GP) verschiedene Datentypen – freie Gespräche, Übersetzungen, Interviews und Fragebogendaten – erhoben wurden. Um die Zugänglichkeit des Korpus zu erhöhen, soll eine Auswahl an normorthografischen Transkripten text-ton-aligniert und auf Wortebene mit Lemma- und Part-Of-Speech(POS)-Information annotiert werden. Somit werden detaillierte Korpusrecherchen nach Wörtern oder Segmentfolgen im Transkript über die DGD möglich.
Konstituenten des phonologischen Wortes
(Teilprojekt im LOEWE-Schwerpunkt „Fundierung linguistischer Basiskategorien“; zus. mit Joachim Herrgen und Jürgen Erich Schmidt; Zeitraum: 2012–2015)
Projektziel ist die Untersuchung der Konstituenten des phonologischen Wortes, insbesondere das Verhältnis segmentell-phonemischer zu prosodischen Basiskategorien. Dabei sollen Produktions- und Perzeptionsdaten miteinander kombiniert werden, um gezielt Einsichten in den Zusammenhang von phonetischer Varianz und systemischer Stabilität zu erhalten. Das Projekt verspricht sowohl Erkenntnisse hinsichtlich des Verhältnisses von Phonem und Prosodem in der Sprachverarbeitung als auch in Bezug auf die Wirkung intrinsischer, d. h. phonetischer Faktoren auf Phonemwandel bzw. Phonemkonstanz. Zudem soll getestet werden, inwieweit sich für die in der Merkmalsphonologie meist auf artikulatorischer und akustischer Grundlage postulierten distinktiven Merkmale (seit Trubetzkoy 1939) perzeptive bzw. neuronale Korrelate finden lassen. Das Forschungsprogramm konzentriert sich damit auf die Identifizierung der phonemischen und prosodischen Basiskategorien, die das phonologische Wort konstituieren, und versteht sich als notwendige Ergänzung zur Untersuchung von phonologischen Grenzmarkierungen am Wort sowie zum Erwerb der Basiskategorien Wort und Fuß.