Projektdetails
EU-Projekt „denk.mal digital. Medial gestützte historisch-politische Bildung in der bayerisch-böhmischen Grenzregion“
Das Projekt "denk.mal digital. Medial gestützte historisch-politische Bildung in der bayerisch-böhmischen Grenzregion" vermittelt bayerisch-böhmische Regionalgeschichte und Erinnerungskultur mit digitalen Medien.
Ziele und Inhalte
In ihren verschiedenen Ausprägungen und Ausdrucksformen sind Denkmäler auch heute noch ein wichtiger Bestandteil unserer Geschichts- und Erinnerungskultur. Man kann sogar sagen, Denkmäler haben Konjunktur. Erinnert sei an aktuelle Denkmalerrichtungen und Denkmalstürze. In ihnen manifestiert sich eine bestimmte Art und Weise, wie vergangene und gegenwärtige Gesellschaften bestimmte Ereignisse, aber auch Personen oder Personengruppen aus der Vergangenheit interpretieren. Doch um die intendierten Sinnstiftungen erkennen und verstehen zu können, müssen Denkmäler „zum Sprechen“ gebracht werden. Hier setzt das Projekt „denk.mal digital“ an: In der Auseinandersetzung mit Denkmälern zur Grenzöffnung von 1989/90, zu den Opfern des Nationalsozialismus/der Todesmärsche von 1945 sowie zum Leben an der Grenze im 20. Jahrhundert tauschen sich Jugendliche und Erwachsene über den Umgang mit der gemeinsamen Erinnerungskultur in ihrem Lebensraum aus. Damit wollen wir ein historisch fundiertes politisches Bewusstsein für eine gemeinsame bayerisch-böhmische Euro-Region fördern. Gleichzeitig setzt es sich „denk.mal digital“ zum Ziel, die Lehrenden und Lernenden in den Bildungseinrichtungen der Grenzregion zu kritischen Nutzern digitaler Medien im Sinne einer Information and Media Literacy heranzuführen. Und nicht zuletzt werden durch das Projekt sprachliche und durch unterschiedliche Bildungssysteme bedingte Hemmnisse abgebaut. Das durchgängig deutsch-tschechische Konzept sowie die Kooperation zwischen den beiden Hochschulen tragen zur Angleichung von Bildungsangeboten bei.
Aktivitäten und Zielgruppen
Für die Akteure und Akteurinnen des bayerischen und tschechischen Bildungssystems sind unterschiedliche Formate der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit geplant.
1. Seminare für Studierende
Der Schwerpunkt der Aktivitäten richtet sich an (Lehramts-)Studierende der beiden Universitäten. Da diese oft regional verwurzelt sind, bieten sie in ihrer späteren Tätigkeit als Lehrkräfte Kontinuität in der schulischen Auseinandersetzung mit der gemeinsamen Geschichte. Die mitunter weltgeschichtliche Bedeutung vergangener Ereignisse im Grenzgebiet wird den Studierenden ins Bewusstsein gerückt, damit sie auf Basis dieser Sachkompetenz den Umgang mit der Geschichte unter Einsatz digitaler Medien reflektieren können. Durch deutsch-tschechische Seminare und Tagesexkursionen gewinnen die Studierenden Wissen über die regionale Geschichte, didaktisch-methodische Kompetenzen ihrer Vermittlung, digitales Know-How und erweitern ihre Fremdsprachenkompetenz.
2. Projekttage mit Schülerinnen und Schülern
Auch den heutigen Schülerinnen und Schülern ist die überregionale Bedeutung von Ereignissen der neuesten Geschichte ihrer Heimatregion oftmals nicht bekannt. Deshalb bieten die Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter schulische Aktivitäten an, die den Umgang mit der gemeinsamen Geschichte, die Sprach- und Medienkompetenz sowie den Abbau der Hemmschwellen bei gemeinsamer Arbeit fördern. Dazu zählen vorbereitende Workshops, gemeinsame mehrtägige Projekttage an historischen Orten und schulische Präsentationen der Projektergebnisse.
3. Fortbildungen für Lehrkräfte
Für deutsche und tschechische Lehrkräfte finden gemeinsame Fortbildungen statt, die sie zum kritischen und kreativen Einsatz digitaler Medien im Geschichtsunterricht befähigen. Dies geschieht im Einklang mit der aktuellen Digitalisierung in beiden Ländern. Nur Lehrkräfte, die den Umgang mit den neuen Medien beherrschen, entlassen medienkompetente Schülerinnen und Schüler in die Berufswelt. Die Aktivitäten tragen zum Abbau von Kommunikations- und Sprachbarrieren bei, was für den gemeinsamen Arbeitsraum von großer Bedeutung ist. Die Menschen im Programmgebiet werden so noch enger an die gemeinsame Region gebunden und zum Einsatz für den Erhalt der offenen Grenzen motiviert.
Problemstellung
Der Herbst 1989 stellt einen Umbruch in den bayerisch-böhmischen Beziehungen dar. Trotz der Bedeutsamkeit der Ereignisse existieren kaum Denkmäler zur Grenzöffnung, sodass die Generation der nach 1989 Geborenen kaum Anknüpfungspunkte vor Ort findet. Diese jüngste Geschichte soll mit digitalen Mitteln rekonstruiert und reflektiert werden. Auch an die zahlreichen Opfer der sogenannten Todesmärsche der Jahre 1945 quer durch das bayerisch-böhmische Grenzgebiet erinnern kaum Denkmäler, und es gibt nicht mehr viele Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Deshalb werden mit Schülerinnen und Schülern, Lehramtsstudierenden und Lehrkräften die bestehenden Denkmäler auf ihre Aussageabsicht und Aussagekraft hin hinterfragt. Das Projekt setzt sich zum Ziel, dass die Teilnehmenden mit Unterstützung digitaler Medien nicht nur diesen Denkmälern zu 1945 und 1998/90 neue Aufmerksamkeit schenken, sondern dass sie gemeinsam auch über aktuelle Themen wie Ausgrenzung, Rassismus und Missachtung der Menschenrechte reflektieren. Schließlich wird das kreative Potenzial genutzt, um – auch unter Einsatz digitaler Medien – Denkmalideen zu entwerfen. In einem Europa, wo Abspaltungstendenzen immer stärker wahrzunehmen sind, kann die Reflexion über Denkmäler als Träger von Erinnerung an eine gemeinsame Geschichte sinnvoll, ja richtungsweisend sein.
Methodischer Schwerpunkt
Digital unterstützte zweisprachige Bildungsmaßnahmen im Bereich der Regionalgeschichte stellen eine Bereicherung des bestehenden Bildungsangebotes dar. Bei den gemeinsamen Seminaren der Universitäten in Passau und Pilsen partizipieren Dozierende beider Einrichtungen sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Durchführung. Derartige Seminare sind im aktuellen Bildungsbetrieb noch immer eine Ausnahme, da sie herausfordernd nicht nur für die Lehrenden, sondern auch für die Studierenden sind. Ein weiteres Ergebnis ist, dass die Teilnehmenden ihre interkulturellen Kompetenzen ausbauen. Die Studierenden erstellen mit ihren Kommilitonen und Kommilitoninnen aus dem Nachbarland mit digitalen Methoden in praktisch orientierten Seminaren Unterrichtsmittel (z. B. Erklärvideos) für Orte der bayerisch-böhmischen Geschichte. Dank der Fortbildungen und Seminare festigen die Lehrkräfte, Studierenden und Schüler und Schülerinnen ihre digitalen Kompetenzen, die im 21. Jahrhundert ein wesentliches Qualitätsmerkmal darstellen. Dabei geht es für die Teilnehmenden des denk.mal digital-Projekts nicht nur darum, digitale Medien als Lernwerkzeuge anzuwenden, sondern auch kritisch-produktiv das Netz zu nutzen, um bislang kaum wahrgenommene Themen der bayerisch-böhmischen Geschichte stärker ins Bewusstsein zu rücken.
Projektleitung an der Universität Passau | Prof. Dr. Andreas Michler (Professur für Didaktik der Geschichte) |
---|---|
Laufzeit | 01.01.2020 - 31.12.2022 |
Website | https://www.uni-passau.de/denkmaldigital/ |
Mittelgeber | Europäische Union (EU) > EU - Europäischer Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) 2014-2020 > EU - ESIF - Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) 2014-2020 > EU - ESIF - EFRE - Ziel ETZ Freistaat Bayern-Tschechische Republik 2014-2020 (INTERREG V) |
Projektnummer | 300 |
Themenfelder | Didaktik der Geschichte, Geisteswissenschaften, Erziehungswissenschaft |