Dr. Natalia Poluhin-Ivanusa
Studium
- Bachelorstudium der Geschichte mit dem Schwerpunkt Mittelalterliche Geschichte an der Ukrainischen Katholischen Universität (Lviv, Ukraine) (2004–2009)
- Auslandsstudiensemester an der State University of New York, The College at Brockport (USA) (Wintersemester 2008/2009)
- Archivpraktikum in der Handschriftenabteilung der W.-Stefanyk Wissenschaftliche Nationalbibliothek der Ukraine in Lviv (2008)
- Lehrpraktikum in der allgemeinbildenden Mittlere Schule Nr. 37 in Lviv (2009)
- Masterstudium der Europäischen Kulturgeschichte an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) (2009–2011)
- Studienabschluss Magister Artium (M.A.) an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) zum Thema „Die Stellung der Frauen in den Städten Kleinpolens nach Magdeburger Recht im 16. Jahrhundert“ (2011)
- Stipendiatin des Deutschen Akademischer Austauschdiensts (2009–2011) Promotionsstipendiatin von International Graduate Centre for the Study of Culture, strukturiertes Promotionsprogramm an der Justus-Liebig-Universität Gießen (10/2011 – 09/2014)
- Promotion zum Thema „Taktik der Ohnmächtigen: Frauen und Recht in kleinpolnischen Städten des 16. Jahrhunderts“, ausgezeichnet mit dem Helge-Agnes-Pross-Förderpreis der Justus-Liebig-Universität Gießen (Disputation 07/2015)
Beruflicher Werdegang
- Direktionsassistentin im Verlag der Ukrainischen Katholischen Universität (Lviv, Ukraine) (2005–2008)
- Projektassistentin beim Oral History Projekt „Stary Sambir – eine europäische Stadt“ (Stary Sambir, Ukraine) (2007)
- Organisation der Studienexkursion in die Ukraine in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Osteuropäische Geschichte der der Justus-Liebig-Universität Gießen (2012)
- Organisation der internationalen Konferenz „W(h)ither Identity – Positioning the Self and Transforming the Social” in Zusammenarbeit mit dem International Graduate Centre for the Study of Culture an der Justus-Liebig-Universität Gießen (2013–2014)
- Lehrbeauftragte im Fachbereich Osteuropäische Geschichte der Justus-Liebig-Universität Gießen (2014–2015)
- Wissenschaftliche Hilfskraft an der Arbeitsstelle Gender Studies der Justus-Liebig-Universität Gießen (2014–2015)
- Organisation der internationalen Konferenz „Gender Equality since the Turn of the Millennium: Rethinking Successes and Innovations“ in Zusammenarbeit mit der Arbeitsstelle Gender Studies der Justus-Liebig-Universität Gießen (2014–2015)
- Genealogin bei Erben-Ermittlung Emrich Berlin GmbH & Co. KG (2016)
- Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte Osteuropas und seiner Kulturen an der Universität Passau (seit 02/2017)
Forschungsprojekt
Die Aufklärung und jüdische Unternehmer Brodys im preußisch-galizisch-ukrainisch-russischen Kontext
Gegenstand
Brody ist eine Stadt im Westen heutiger Ukraine und war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zweitgrößte Stadt Galiziens und bedeutsame Handelsstadt der Habsburger Monarchie. Sie hatte auch die Funktion eines Zentrums religionsgesetzlicher Jurisdiktion für die Juden Galiziens. Das Besondere an Brody war die Bevölkerung dieser Stadt, die im 1783 zu 82 Prozent aus Juden bestand. Die auf internationaler Ebene vernetzten jüdischen Kaufläute führten Geschäfte mit Podolien, der Ukraine, dem Russischen Reich, dem Osmanischen Reich, Persien, China, Leipzig, Breslau, Danzig, Frankfurt (Main) und Frankfurt (Oder). Diese Studie baut auf der Hypothese auf, dass jüdische reisende Unternehmer Brodys ab den 1770er die Rolle der Scharniere bei der Verbreitung der Ideen der jüdischen Aufklärung und Akkulturation ins Osteuropa (Galizien, die Ukraine und das Russische Reich) spielten.
Die österreichische Annexion Galiziens im 1772 und die Gewährung Galizien der Selbstverwaltung im 1867 stellen die Zeitrahmen des geplanten Projekts dar. Der Forschungsgegenstand dieses Projekts bildet ein gewichtiges Desidert, denn die wirtschaftliche internationale Vernetzung der Juden Galiziens ist in der Betrachtung des Transfers von Haskala-Ideen nicht in den Vordergrund getreten. Die Hauptaufmerksamkeit des Projekts richtet sich auf den durch Mobilität/Migration und internationale Kontakte jüdischer Unternehmer aus Brody entstehenden Ideenfluss, der Aufschluss über die Integration Preußens, Galiziens, der Ukraine und des Russischen Reiches in einen transregionalen Zusammenhang geben. Mit dem Augenmerk auf die Rolle mobiler Akteure in internationalen Verflechtungen fokussiert das Projekt auf jüdische Brodyer Unternehmer, vor allem Händler bzw. sogenannte „Meßjuden“, die mit den Städten wie Leipzig und Frankfurt (Oder) bzw. mit Osteuropa wirtschaftlich vernetzt waren. Die Analyse wird an den Beispielen folgender besonders bekannten Familien und Einzelpersonen erfolgen: Hermelein/Harmelin (Jacob und Mardocai), Feibel Herz, Jakob Nathan und Henau Landau.
Fragestellung und Ziele
Die Fragestellung des geplanten Vorhabens baut auf dem Ziel auf, verschränkte Handlungsräume, die durch kulturelle, räumliche und soziale Grenzen überschreitende Interaktionen einzelner Akteure geschaffen werden, zu analysieren. Ausgehend von dieser Absicht werden dokumentierte Kontakte jüdischer Unternehmer aus Brody rekonstruiert. Es wird unter anderem nach den internationalen Geschäftspartnern von Brodyer Handelsleuten gefragt. Dabei sollen kulturelle, sprachliche, ökonomische und soziale Aspekte ihrer Vernetzung erschlossen werden. Außerdem soll erläutert werden, inwieweit Akkulturation bei den jüdischen Unternehmern Interesse fand (zum Beispiel durch die Annahme europäischer Gewohnheiten, die Beherrschung westlicher Sprachen) und auf welchen Wegen sich der Ideentransfer ins Osteuropa erfolgte. Ferner wird die Rolle der Stadt Brody als eines Treffpunktes von Unternehmern und geistigen Mitstreitern der jüdischen Aufklärung, unter anderem an Beispielen von Mandel Lefin/Levin Stanover (1749-1826) („Vater der galizischen Haskala“) und Isaak Ber Levinzon (1788-1860) (Vorkämpfer der Haskala im Russischen Reich) nachgezeichnet. Besonderes Interesse wecken die Migrationsvorgänge jüdischer Unternehmer aus Brody in die Ukraine und das Russische Reich, die Integration der Umsiedler (zum Beispiel durch Beteiligung am Wirtschaftsleben oder Eintritt in lokale Dienste).
Ausblick
Eine Erforschung der Mobilitätsdynamiken jüdischer Kaufleute aus Brody ermöglicht einerseits Preußen, Österreich und das Russische Reich vom Gesichtspunkt ihrer interregionalen sozialen Verflechtungen zu analysieren. Andererseits soll sie einen Beitrag zur Einordnung ukrainischer Territorien in einen überregionalen Verflechtungszusammenhang leisten und somit eine Betrachtung ukrainischer Geschichte als der Geschichte einer transnationalen Kontaktzone befähigen.
Veröffentlichtungen
Taktik der Ohnmächtigen: Frauen und Recht in kleinpolnischen Städten des 16. Jahrhunderts. [Zum Druck angenommen] Verlagsreihe: Studien zur Ostmitteleuropaforschung, Marburg: Verlag Herder-Institut, voraussichtlich 2017.
(Re-)Naissance der Mode. Rezension zu: Rublack, Ulinka: Dressing Up: Cultural Identity in Renaissance Europe. New York 2010, in: KULT_online 31 (2012), http://www.post-graduates.net/wps/pgn/home/KULT_online/31-7/.
Pravove stanovyŝe žinky za lytovs’kymy statutamy (Rechtliche Lage der Frauen laut den Litauischen Statuten), in: Acta studiosa historica 1 (2010), 37–52.