Natalia Donig
Forschungsprojekt
Russlanddeutsche – Zeugnisse ihrer Lebens- und Wirkungsgeschichte in postsowjetischen Archiven
Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen. Ein Repertorium zu Forschungsfragen, Quellenbeständen und Zukunftsperspektiven.
Seit ihrer Ansiedlung unter Katharina II. lebte eine deutsche Minderheit im Zarenreich, und bis heute finden sich Mitglieder dieser russlanddeutschen Diaspora in Russland und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. In mehr als 250 Jahren hat diese Gruppe zahlreiche Zeugnisse ihres Lebens und Wirkens hinterlassen, die sich heute in den Archiven Russlands und seiner Nachbarstaaten befinden. Lange Zeit waren diese Quellenbestände der Forschung nicht zugänglich. Erst Anfang der 1990er Jahre im Zuge der Öffnung der postsowjetischen Archive konnte die Geschichte der Russlanddeutschen auf breiter archivalischer Grundlage (neu) geschrieben werden. Eine besondere Herausforderung für die weitere Erforschung dieses Themas stellen jedoch die weitläufige Archivlandschaft sowie die in den letzten Jahren gewandelten Zugangsmöglichkeiten zu einzelnen Archiven und Beständen dar.
Ein neues Forschungsprojekt des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Geschichte Osteuropas und seiner Kulturen soll daher systematisch die umfangreichen Überlieferungen zur Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen erfassen und mit dieser Bestandsaufnahme dazu beitragen, die Nutzung dieser Bestände durch die Forschung zu vereinfachen. Ziel ist die Erstellung eines quellenkundlichen Handbuchs (Repertoriums), das einen Überblick über die Archive und deren Bestände in Russland, den Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie in Deutschland bietet, die Quellen zur Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen bereithalten.
Im November 2015 fand an der Universität Passau ein Workshop statt, an dem Archivare aus Russland, Ukraine, Kasachstan und Kirgistan teilnahmen. Diese als Impulskonferenz konzipierte Veranstaltung bot die Möglichkeit, in persönlichen Kontakt mit Vertretern russischer und anderer postsowjetischer Archive zu treten sowie die gegenwärtige Archivsituation und neue Forschungsperspektiven zu beleuchten. Im Mai 2017 fand die zweite Archivkonferenz statt. Während der Schwerpunkt der ersten Tagung auf den zentralen Staatsarchiven Russlands lag, nahm die zweite Konferenz stärker regionale russische und andere postsowjetische Archive und ihre Bestände in den Blick. Die Beiträge der beiden Tagungen bilden die Grundlage für das geplante Repertorium, das unter anderem dazu beitragen soll, das Interesse an der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen zu beleben und neue Forschungsarbeiten anzuregen.