Iter Sacrum Ukrainae
Das Ziel des Projekts Iter Sacrum Ukrainae ist religiös-sakrale Orte in der westukrainischen Region Transkarpatien als einer multikonfessionellen Erinnerungslandschaft mit besonderer Berücksichtigung der lebendigen religiösen Praktiken zu kategorisieren, katalogisieren und dokumentieren. In einer zweiten Projektarbeitsphase soll die Auswertung des Materials entlang ausgewählter Forschungsfragen erfolgen. Anschießend wird das Vorgehen auf weitere Regionen der heutigen Ukraine ausgeweitet.
Religiös-sakrale Orte werden als spezifische Erinnerungslandschaften verstanden, die, eingebettet in lokal-regionale Geschichtsnarrative, kennzeichnende Identitätsformen prägen: regionale, lokale, konfessionelle, imperiale oder nationale Identitäten.
Die Ukraine bietet sich hierbei als erkenntnisförderndes Untersuchungsfeld an, denn Multikonfessionalität sowie wechselnde nationale und imperiale Zugehörigkeiten prägten entscheidend nicht nur ihre Geschichte, sondern auch die lebendigen religiösen Praktiken und generell Religiosität als Konzept (Wanner 2022). Diesen Praktiken kommen zahlreiche sozio-kulturelle Rollen zu – sie können als informelle Problemlösungsstrategien, als Sonden für lokale Identitätskonstruktionen und als performative Instrumente für die Aushandlung von Identitäten, Alteritäten oder Hierarchien fungieren. Diesen Prämissen folgend, leistet das Projekt einen gewinnbringenden Beitrag zur Kulturgeschichte der Ukraine, bereichert die lokalen und zugleich transnationalen Borderland Studies, Erinnerungskulturen und Alltagspraktiken im postsowjetischen Raum.
Theoretisch orientiert sich das Projekt am Verständnis von Räumen als soziale Konstrukte bzw. an der (aktiven) Produktion von Raum (Lefebvre 1974; Löw 2001). Die in sakral-religiösen Handlungen praktizierte kollektive Memoria wird als explizites Gedächtnis verstanden (Kandel 2009; Burke 1991), denn Kommunikation manifestiert sich in symbolischen Handlungen (Kleinmann 2010). Religiöse Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa sind zwar ein mittlerweile in der Forschung beachtetes Feld (Bahlcke - Rohdewald - Wünsch [Hg.] 2013), aber eine stärkere Einbindung in die Living History, z. B. als Living Memory, als eine Public History der ukrainischen Regionen (Hinz - Körber [Hg.] 2020), würde den Blickwinkel entscheidend im Hinblick auf die Agency der ethnischen Minderheiten und regionalen Identitäten erweitern (Czacharowski [Hg.] 1994; Vester 1996).
Liste der bereits bearbeiteten Orte (auf Englisch)
Projektbearbeiterin: Dr. Svitlana Panchenko
Projektbetreuung: Dr. Natalia Poluhin-Ivanusa, Dr. Kristina Wittkamp, Prof. Dr. Thomas Wünsch